Da am 21. Dezember die Wintersonnenwende ist, ist der Thomastag der kürzeste Tag des Jahres (»Ab Thomastag wächst der Tag um einen Hahnenschrei«), während die vorangegangene Nacht, die ›Thomasnacht‹, entsprechend die längste Nacht des Jahres ist.
In einigen westfriesischen Gemeinden beginnt am Thomastag ein zwölf Tage anhaltendes Glockengeläut, das einst die bösen Geister vertreiben sollte.
Dies gilt auch für Gemeinden in Niederschlesien in den neuen Bundesländern.
Alten Ratsprotokollen ist zu entnehmen, dass bis ins 19.Jahrhundert – zumindest in den österreichischen Ländern – jährlich am Thomastag die einjährige Amtszeit des Stadtrichters (=Bürgermeister) und des Gemeinderates abgelaufen ist.
Es war daher üblich, dass am Thomastag oder am Sonntag vor dem Thomastag »Richter und Rat« der selbst verwalteten Städte und Marktgemeinden von den vollberechtigten Bürgern neu gewählt wurden. Eine Wiederwahl der bisherigen Amtsinhaber war möglich.
Außerdem ist der Thomastag eines der wichtigsten Treffen von Studentenverbindungen. Es findet jedes Jahr am letzten Sonntag vor Weihnachten in Nürnberg statt.
Auch die Thomasnacht ist mit vielen Bräuchen und einigem Aberglauben verbunden. Hier konnten nach den Vorstellungen der Menschen die Geister besonders lange und intensiv wirksam werden.
In Thüringen und Böhmen ist die Bezeichnung »Durchspinn-Nacht« oder »Durchsitz-Nacht« üblich.
Im Schwarzwald wird eher auf den damit einhergehenden Alkoholkonsum angespielt: Man nennt den Morgen danach »Kotzmorgen«.
In Kärnten glaubte man, in dieser Nacht in die Zukunft sehen zu können. So war ein bei Jungbauern beliebter Brauch das »Zaunstecken zählen«: Man nannte eine Zahl und zählte dann rechts von der Zauntür den entsprechenden Zaunstecken ab. Dessen Aussehen sollte aussagen, wie die zukünftige Liebste aussieht: jung und frisch oder alt und morsch.
In Altbayern gab es einen ähnlichen Aberglauben und zwar: Wenn sich in der Thomasnacht eine ledige Frau vor ihrem Bett ganz nackt auf einen Schemel stellt und den folgenden Spruch spricht, dann sieht sie in dieser Nacht im Traum ihren künftigen Ehemann. Der Spruch lautet: »Betschemel i tritt di, heiliger Thomas i bitt di, lass mi sehn den Herzallerliebsten mein, in dieser heiligen Nacht!«
Der 21. Dezember war in der bäuerlichen Tradition auch der Tag an dem die Schlachtung der Mettensau erfolgte. Das auch als Weihnachter bezeichnete Hausschwein wurde speziell für den weihnachtlichen Festbraten, nach der Christmette, am 25. Dezember gemästet.
Vielerorts ähnelt das Brauchtum der »Thomasnacht« dem in der »Andreasnacht« (vgl. auch Andreasgebet). Nach altem Volksglauben ist diese Nacht eine sogenannte »Losnacht«, wie auch Weihnachten, Silvester oder Hl. Thomas (21.12.) und besonders dazu geeignet, den gewünschten künftigen Ehepartner an sich zu binden oder erstmals herauszufinden, wer es denn sein wird.
Dies begründet sich darin, dass der Hl. Andreas nicht nur Schutzheiliger der Fischer, sondern auch der Liebenden und des Ehestandes ist. Die Bräuche hierzu variieren: Man schaut ins Feuer und sagt ein Sprüchlein oder Gebet auf (Andreasgebet), und im Feuer oder Spiegel soll dann der Zukünftige erscheinen.
Oder man aß eine Semmel in drei Bissen und wer einem dann als Erster begegnet sollte es sein, usw.
Die Brüder Grimm haben es in ihren »Deutschen Sagen« so aufgeschrieben:
»Es ist Glaube, dass ein Mädchen in der Andreas-Nacht, Thomas-Nacht, Christ-Nacht und Neujahrs-Nacht seinen zukünftigen Liebsten einladen und sehen kann. Es muss einen Tisch für zwei decken, es dürfen aber keine Gabeln dabei sein.Was der Liebhaber beim Weggehen zurücklässt, muss sorgfältig aufgehoben werden, er kommt dann zu derjenigen, die es besitzt und liebt sie heftig.