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Der Pestbrief

Ein Pestbrief war im Mittelalter ein Art Gesundheitspass. Er wurde aufgrund der Pestpandemie des 14. Jahrhunderts im Jahre 1374 in Venedig eingeführt. 

Reisebillet während der Pestzeit

Der Pestbrief diente als Grundlage für die Entscheidung, ob ein Reisender und dessen Waren in die 30-tägige Absonderung, die »Trentana«, musste oder ob er ungehindert in die Stadt einreisen konnte. 

Diese damals gültige 30-Tagefrist wurde im Jahre 1377 erst von der dalmatinischen Stadtrepublik Ragusa und anschließend 1383 auch von Marseille auf 40 Tage erhöht, woraus der Begriff »Quarantäne« entstand (»quaranta giorni« → 40 Tage). 

Den Pestbrief stellte nicht die Hafenbehörde des Herkunftshafens aus, sondern ein dort im bezahlten Auftrag Venedigs residierender Agent. 

Der Pass wurde noch außerhalb des Hafens mit eisernen Zangen von Schiff zu Schiff gereicht und durch Räuchern über Schwefel entseucht.      

Er konnte »rein« sein, d. h. seinen Besitzer als Reisenden aus einem nicht pestverseuchten Gebiet ausweisen, oder »unrein«, wenn der Inhaber aus einem seuchengefährdeten oder verseuchten Herkunftshafen kam.  


Pestamulette, Pestkreuze und ›Breverl‹

Tau-Kreuze

Bereits seit dem Altertum ist das »Tau« als Schutzsymbol bekannt. Es hat die Form des 19. Buchstaben des griechischen Alphabets, dem ›Tau‹ . Es wurde auf zahlreichen Pestblättern und Pestsegen abgebildet.

Der Orden der »Antoniter« (1065, als Laienbruderschaft gegründet, 1776/77 von den Johannitern inkorporiert) widmeten sich vor allem der Pflege der Pestkranken .

Taukreuz der Franziskaner

Sie trugen ein »Tau« an der Spitze eines Stabes. In ihrer Kleidung trugen sie über schwarzem Chorkleid einen schwarzen Mantel mit hellblauem T-Kreuz. 

Das Taukreuz wurde oft in Wappen verwendet. Aus heraldischer Sicht ist das Antoniuskreuz jedoch kein Kreuz, sondern es handelt sich um die Verschmelzung eines Pfahls und eines abgeledigten Balkens. Das Symbol zeigt in einer in durchgehender Tinktur einen Pfahl, welcher genau doppelt so lang wie der Querbalken. Die Heraldiker sprechen hierbei statt von einem Kreuz von einer Krücke.

    

Caravaca-Kreuz - Drei Balken     

Wappen von Caravaca de la Cruez der Stadt, Abb. © Heralder, CC BY-SA 4.0

Das aus dem spanischen ›Caravaca de la Cruz‹, einer Stadt im Südosten Spaniens in der autonomen Provinz Murcia, stammende Doppelkreuz war besonders in Süddeutschland geschätzt.

Mit der Reliquie verbunden ist eine Wallfahrt nach Caravaca, die auf das 13. Jahrhundert zurückgeht. Im Jahre 1232 brachte der Überlieferung zufolge der Erzbischof von Jerusalem, Robert, eine Reliquie des wahren Kreuzes Christi mit.

Abgeleitet von dem Kreuz von Caravaca ist ein bestimmter Kreuztypus, der auch als Caravaca-Kreuz bezeichnet wird. Caravaca-Kreuze waren seit dem 16. Jahrhundert in verschiedenen Teilen Europa verbreitet, vor allem als Schutz gegen die Cholera und andere Krankheiten.

Das Kreuz weist zwei Querbalken auf, manchmal sind, abgeleitet von der wundersamen Erscheinung des Kreuzes im Jahr 1232 in Caravaca de la Cruz, auch zwei Engel unter dem unteren Querbalken dargestellt.

Caravanca-Kreuz

Die schützende Wirkung wurde durch die Verdoppelung des Querbalkens und durch Segensformeln, die man am Kreuz anbrachte noch erhöht.

Im 16. Jahrhundert wird es als »Spanisches Kreuz« zum Missionskreuz.

Im Volksglauben wird es zum Wetterkreuz: Während sonst die Reliquie in Caravaca von Priestern dem Sturm entgegengehalten wurde, erscheint sie 1591 während eines furchtbaren Unwetters von selbst über dem Dach des Kirchturms.


Scheyern-Kreuz -  langer und kurzer Querbalken      

Scheyern-Kreuz

Das Scheyern-Kreuz, nach der Form des byzantinischen Patriarchenkreuzes gefasst, ist ein Kreuz mit einem längeren und einem kürzeren Querbalken, sollte von »Pest, Hagel, Feuer, Donner, bösen Nachstellungen und allem Übel« befreien.

Am 18. Juni 1362 wird Scheyern als ›Kloster des heiligen Kreuzes‹ am Papstpalast in Avignon genannt. Zu dieser Zeit war es ein ›Reliquiar von Birnbaumholz, umgeben mit silberner, vergoldeter Treibarbeit‹.

Im Volksmund hießen die Kreuze auch ›Schauerkreuze‹ und sollten offensichtlich den Hagel abwehren. Zahlreiche Flurkreuze werden von einem Scheyern-Kreuz gekrönt, denn Hagel und Unwetter konnten die gesamte Ernte zunichte machen.

Aber auch auf vielen Pestschutzbriefen waren Scheyern-Kreuze zu finden.


Lothringer Kreuz

Lothringer­kreuz

Ähnlich wie die beiden oben genannten Kreuze gibt es noch eine dritte Version, das Lothringerkreuz oder Lothringer Kreuz (französisch: Croix de Lorraine oder Croix d'Anjou). Es ist die Bezeichnung für ein Kreuz mit zwei gleich langen Querbalken, wobei meist der untere Querbalken vom unteren Ende des Längsbalkens so weit entfernt ist, wie der obere Querbalken vom oberen. (siehe Abb. unten rechts)

Seit 1912 trug Elsass-Lothringen ein Patriarchenkreuz in seiner Flagge, ebenso von 1940 bis 1944 der französische Widerstand (sog. Freie Französische Streitkräfte). Diese wurden aber auch Lothringerkreuz genannt. Dadurch kam es zu einer begrifflichen Vermischung der beiden Kreuze.


Zacharias Segen   - Schutzbrief   

Die Legende über das Aufkommen und die Herkunft des »Zachariassegens« als »Mittel wider die Pest und andere ansteckende Krankheiten«:

Ein Zachariassegen ist eine bestimmte Segensformel, die als Schutz- und Heilmittel diente. Er ist nach einem Jerusalemer Patriarchen benannt. Man findet ihn auf Zetteln und als Inschrift von Patriarchen- und Tatzenkreuzen oder Medaillen.

Ein Zachariassegen von 1835

Wann genau der Zachariassegen zum ersten Mal verwendet wurde, ist nicht gesichert überliefert. So erscheint er erstmals gedruckt in der Erstausgabe des ›Geistlichen Schild‹ von 1647, auch bekannt als: ›Colomanusbüchlein‹, Das war die deutsche, leicht abgewandelte Übersetzung des Enchiridion Leonis Papae, die u. a. den Zachariassegen beinhaltet

Im Kapitel »Buchstaben gegen die Pest zu tragen« wird dort berichtet: Beim Konzil von Trient (mit Unterbrechungen von 1545 bis 1563) sei im Frühjahr 1547 ein Fleckfieber ausgebrochen, auf dem Segensblatt »die grausamste Pest« genannt. 

Ihm fielen über 20 Konzilsväter zum Opfer. Das Konzil wurde deshalb sogar vorübergehend nach Bologna verlegt. Der Patriarch von Antiochien hatte den anwesenden Bischöfen geraten, den »Zachariassegen« als Pestschutz zu tragen. Einer der Bischöfe soll auch ein Armband mit dem Segen getragen haben. Innerhalb kurzer Zeit hörte die Pest gänzlich auf.

Der Zachariassegen enthält die folgenden Initialen:

 + Z + DIA + BIZ + SAB + Z + HGF + BFRS

Die Kreuze stehen für einen Vers, der mit »Crux Christi« beginnt; die Buchstaben stehen für den Wortanfang eines Psalmverses, dem sich ein Bittgebet anschloss. 

Der Zachariassegen wurde 1582 ausdrücklich von Papst Gregor XIII. bestätigt. 

Zachariassegen-Schutzbrief mit Patriarchenkreuz

Im 17. Jahrhundert wurde der Zachariassegen von vielen Theologen als Urbild eines abergläubigen Amuletts betrachtet, das es zu verbieten galt.

Dem Volk war die Bedeutung des Zachariassegens nicht bekannt. Man nahm an, dass es sich nicht um einen christlichen Text, sondern um magische Formeln handelte. Zur erhofften Zauberwirkung trug maßgeblich die Unverständlichkeit der Worte und besonders der Buchstabenfolge bei.

»Zachariassegen« waren einst weithin bekannte Mittel gegen allerlei Unheil, besonders gegen Pest, Hexerei und Unwetter. Man findet sie oft in Verbindung mit dem Benediktussegen.

        

Breverl  - Holzschnitt auf Brief

(»Bayerischer Medizinbeutel«)     

Die gleiche Funktion wie ein Schutzbrief hatten die »Breverl«. Dabei handelte es sich um Drucke von Kupferstichen oder Holzschnitten aus dem 16. bis 18. Jahrhundert. Diese Drucke wurden in Briefform zusammengefaltet und in Hüllen aus Leder, Seide oder Metall an einer Schnur um den Hals getragen.

Das Tragen von magischen Schutzbriefen, beschriebenen oder bemalten Zetteln, zur Abwehr von Krankheit und Gefahr ist seit der Antike bekannt. Auch die bayerischen und südtiroler Breverl (lat. breve → Brief) sind in dieser Tradition zu sehen.

Obwohl es sehr individuell gestaltete »Breverl« gegeben hat, zeigen viele der erhaltenen Exemplare doch einen typischen Aufbau. 

2 Breverl, Foto: © Nirgidma, CC BY-SA 2.0 DE

Nach dem Öffnen und Auseinanderfalten erkennt man acht Kupferstiche mit Heiligendarstellungen um ein nochmals mittels eines Faltzettels verdecktes zentrales Feld mit diversen Gegenständen und Pflanzenteilen angeordnet. Also hat ein Breverl insgesamt 9 Teile, welche 4 mal gefaltet wurden.

Schon der erste Blick auf das zentrale Feld weist das »Breverl« als eine Art »geistliche Hausapotheke« aus, welche die für die Volksmedizin typische Vermischung von Religiosität, Kräuterwissen und Pflanzenmagie erkennen lässt.

Die Kupferstiche des »Breverl« zeigen neben diversen, gelegentlich colorierten Heiligendarstellungen, oft auch das Gnadenbild des Wallfahrtsorts, an dem es erworben wurde. 

Breverl, Oberhausmuseum Passau, Foto © Wolfgang Sauber, CC BY-SA 3.0

Im Mittelteil findet sich eine kuriose Sammlung von miniaturisierten religiösen Zeichen und diversen Objekten aus dem »Naturglauben«. 

Dazu zählen Kreuze, Benediktuspfennige, Sebastianspfeile, Agathazettel, Dreikönigszettel, Palmkätzchen, der Staub von Schabmadonnen, farbige Papierstückchen, Korallen und dergleichen mehr. 

Diese Häufung von Sakramentalien ist auch bei den Wettersegen zu beobachten.

»Breverl« konnten am Hals getragen, in die Kleider eingenäht oder an den Rosenkranz gehängt werden. Sie schützten vor bösem Einfluss, Dämonen und Besessenheit, Pest, Feuer oder Ungewitter. 

Außerdem sollten »Breverl« Soldaten vor feindlichen Kugeln schützen, weshalb sie auch »Kugelfänger« genannt wurden.

Von der katholischen Kirche wurde das »Breverl«-Brauchtum nur halb geduldet und zeitweise heftig bekämpft.

                

Museen, in denen »Breverl« zu bestaunen sind:

Bezirksmuseum Dachau, Diözesanmuseum Freising, Wallfahrtsmuseum Altötting, Bayer. Nationalmuseum, Außenstelle Straubing (Sammlung R. Kriss) und im Heimatmuseum Kastl

     

Quellen: stiber-faehnlein.de, de.wikipedia.org;