Ein Mann aus Wasserliesch geriet in sehr große Not und sah keinen Ausweg mehr. Als der Tod ihm sicher schien, rief er die Gottesmutter um Hilfe an und legte das Gelübde ab, ihr zu Ehren auf dem »Liescher Berg« eine Kapelle zu errichten. Die Gefahr ging vorüber, doch der Mann verschob sein Versprechen immer wieder und starb schließlich.
Einige Monate danach kam ein Mädchen aus Wasserliesch, das auswärts im Dienst war, nach Hause und brachte dem Bruder des Verstorbenen folgende Botschaft:
»Euer Bruder ist mir vor acht Tagen begegnet und Beauftragte mich, euch zu sagen, ihr möchtet sogleich auf dem Liescher Berg eine Kapelle zu Ehren der Mutter Gottes errichten, da ein Gelübde daran gebunden sei«.
Der Mann glaubte dem Mädchen nicht, da der Bruder schon drei Monate tot war, doch ihre Beschreibung passte bis ins Einzelne auf ihn.
Eine Woche später erhielt der Mann eines Nachts im Traum den gleichen Auftrag. Jetzt war er überzeugt, dass sein Bruder keine Ruhe im Grab fand bis das Gelübde erfüllt sei und begann damit das Material zum Bau der Kapelle zu beschaffen.
An den Hang des Liescher Berges, wo der Wald beginnt, ließ er Balken und Steine anfahren. Dieser Platz schien ihm geeigneter zum Bau der Kapelle zu sein als die Höhe, die selten nur von Leuten des Dorfes besucht wurde.
Als aber die bestellten Bauleute an diesen Ort kamen, war das Material verschwunden. Nach langem Suchen fand man es auf der Höhe de Berges. Daran erkannte man die Ermahnung, sich genau an den Auftrag des Verstorbenen zu halten. Die Kapelle wurde errichtet und der Verstorbene hatte seine Ruhe gefunden.
Jedenfalls soll diese Kapelle die Menschen auch daran erinnern, dass sie einmal gemachte Versprechungen auch gefälligst einzuhalten haben.
Dem ursprünglichen Erbauer der Kapelle ist sicherlich der herrliche Ausblick vom Standort der Kapelle auf das Moseltal auch schon aufgefallen.
Quelle: »Sagen und Sitten an Mosel und Saar« von Michael Scherer