»Saint-Étienne de Toul« war die Kathedrale des Bistums Toul in der gleichnamigen Stadt Toul in Lothringen.
Früher war Toul eines der »Drei Bistümer« (franz.: Trois-Évêchés, siehe Bild unten) und stand für die drei ehemaligen Fürstbistümer (Hochstifte) Metz, Toul und Verdun in der Kirchenprovinz Trier. Im Jahr 1552 wurden die Bistümer gemäß den Bestimmungen im Vertrag von Chambord durch den französischen König Heinrich II. besetzt.
Obwohl faktisch nun unter französischer Kontrolle stehend, verblieben sie nominell noch im Heiligen Römischen Reich.
Mit dem »Westfälischen Frieden« von 1648 wurde Frankreich der offizielle Besitz der Hochstifte bestätigt.
Bis zur »Französischen Revolution« bildeten die »Trois-Évêchés« die Provinz der »Drei Bistümer« (siehe Foto unten links). Heute ist die Kathedrale von Toul eine der beiden Kathedralen des Bistums Nancy-Toul.
Der heutige Bau im Stil der Gotik wurde zwischen dem 13. und 15. Jahrhundert erbaut.
Die Kirche gilt als herausragendes Beispiel des Flamboyantstils. Als Flamboyant wird die letzte Stilstufe der Spätgotik in Frankreich und Belgien bezeichnet; sie ist gekennzeichnet durch die Überlängerung bestimmter Formen des Maßwerks, die an Flammen erinnern. Bedeutend sind auch zwei Kapellen im Stil der Renaissance. Geweiht ist die Katherale dem heiligen Stephanus. Er gilt als erster Märtyrer des Christentum und lebte von ca. 1 n. Chr.bis ca. 36/40 n. Chr.
Eine erste Kirche wurde bereits im 4. Jahrhundert zur Zeit des ersten Bischofs Mansuetus noch außerhalb der damaligen Stadt erbaut.
Durch Erweiterung der Stadt war die Lage der Kathedrale später innerhalb der Stadtgrenzen. Nach der Zerstörung durch einen Brand ließ Bischof Frothar in der ersten Hälfte des 9. Jahrhunderts neu erbauen.
Im 10. Jahrhundert wurde unter Bischof Gerhard I. von Toul ein romanischer Bau begonnen. Doch bereits im Jahr 1221 begann Bischof Eudes II. de Sorcy auf den Grundmauern des romanischen Vorgängerbaus die Errichtung einer gotischen Kathedrale.
Der Bau begann mit der Errichtung des Chores. Es folgten das Querschiff und die Ostseite des Kreuzganges. Im 14. Jahrhundert wurde ein Teil des Kirchenschiffes erbaut und der Kreuzgang vollendet.
Die Fertigstellung der Kathedrale wurde durch Auseinandersetzungen zwischen Burgund und Lothringen verzögert. So konnte der Bau des Kirchenschiffs wurde erst im 15. Jahrhundert erfolgen. Mit der Fertigstellung der Westfassade, welche von Tristan von Hattonchatel entworfenen worden war, war die Kathedrale im Jahre 1496 weitgehend vollendet.
Obwohl die Errichtung der Kathedrale mehrere Jahrhunderte andauerte, fügen sich die einzelnen Bauteile eine bemerkenswerte harmonisch in das Gesamtkonzept ein.
Erste Restaurierungen erfolgten bereits im 19. Jahrhundert. Während des Zweiten Weltkriegs wurde der Bau durch einen Bombenangriff am 20.06.1940 und den dadurch ausgelöstem Brand stark beschädigt.
Über vierzig Jahre wurden die Gewölbe durch eine Zwischendecke geschützt. Trotzdem drohte Ende der 1970er der Einsturz.
Umfangreiche Restaurierungen mussten erfolgen. So wurde u.a. Mitte der 1990er Jahre ein neuer Dachstuhl aufgebaut.
Die Restaurierungen, insbesondere des Innenraumes, dauern immer noch an. Ein Grund hierzu ist in den Eigentumsverhältnissen zu suchen: Die Kathedrale ist die einzige Kathedrale in Frankreich, welche sich im Besitz einer Kommune befindet. Dies erschwerte die Finanzierung der Baumaßnahmen.
Baubeschreibung:
Der Bau ist gekennzeichnet von einer durch zwei Türme umrahmten Hauptfassade. Die Apsis wird von zwei kleineren Türmen flankiert. Ein Chorumgang fehlt gänzlich. Bemerkenswert an der Kathedrale ist das große Querschiff.
Die Hauptfassade mit den beiden Türmen wurde im spätgotischen Stil erbaut. Die Westfassade ist reich geschmückt. Der Eingangsbereich weist drei große Türen auf. Darüber befinden sich Nischen in welchen sich einst Statuen befanden.
Zu sehen ist unter anderem eine große Christusfigur mit Maria Magdalena zu seinen Füßen. Umrahmt wird die Gruppe von einem Wimperg. Darüber befindet sich eine große Fensterrose.
Von den einst 120 Figuren der Westfassade wurden die meisten während der Französischen Revolution zerstört
Nur elf Figuren blieben erhalten. Zu sehen ist weiterhin an einem Strebepfeiler des linken Turms ein Pelikan mit einem Affen.
Die Türme wurden im 16. Jahrhundert erbaut. Im unteren Bereich ist der Grundriss quadratisch. Im oberen Bereich ist er achteckig. Der Bau der Turmspitzen wurde 1561 aufgegeben.
Über der Mitte der Westfassade erhebt sich ein kleines Türmchen mit ersten Ansätzen der Renaissance. In dem Türmchen befindet sich eine Glocke aus dem 16. Jahrhundert.
Vom Portal aus gesehen am dritten Pfeiler ist noch der Übergang zwischen der Bauphase des 14. und der des 15. Jahrhunderts an der Gestaltung der Fenster zu erkennen.
Im Querbau gibt es keine Seitenschiffe. Auf der linken Seite des Querschiffes ist ein Fenster aus dem Jahr 1503 erhalten, welches die Krönung der Jungfrau Maria zeigt.
Im südlichen Querschiff ist ein Fenster zu sehen, welches den heiligen Stephanus auf einem Prunkbett zeigt. Ebenso sind vier Bischöfe abgebildet: St. Mansuy, St. Evre, St. Gerhard I. und der spätere Papst St. Leo IX., In der Vierung erhebt sich ein Grab aus dem 19. Jahrhundert mit den Überresten des heiligen Bischofs Gerhard.
In den Seitenschiffen des Kirchenschiffes befinden sich Kapellen und Seitenaltäre meist aus dem 16. und 17. Jahrhundert. Im Jahr 1532 wurde die Kapelle des Jean Forget Im Stil der Renaissance errichtet. Die Kapelle ist allen Heiligen geweiht und wird von einer Kuppel überdacht. Ebenfalls in dieser Zeit wurde die Bischofskapelle angebaut.
Den Chor flankieren zwei Apsistürme mit Fenstern aus dem 13. Jahrhundert. Die Chorfenster stammen aus dem 19. Jahrhundert und zeigen Szenen aus dem alten und Neuen Testament.
Der Hauptaltar stammt aus dem Jahr 1837. Auf dem Altar befindet sich ein Bild der Jungfrau Maria aus dem 14. Jahrhundert. Im Chor befindet sich der Bischofsstuhl (St. Gerard-Stuhl) aus dem 13. Jahrhundert. Der Chor wird von der übrigen Kirche durch ein Gitter aus dem 18. Jahrhundert getrennt.
An die Kirche angebaut ist ein Kreuzgang. Dieser ist mit einer Länge von 54 m und einer Breite von 42 m einer der größten Kreuzgänge aus der Zeit der Gotik.
Innenraum
Ein Großteil der Innenausstattung wurde während der Französischen Revolution zerstört. Insbesondere betroffen hiervon waren das Chorgestühl der Domherren und der Domschatz.
Im Inneren der Kirche befinden sich zahlreiche Grabstätten der Bischöfe, Geistlicher und sonstiger Persönlichkeiten.
Orgel
Im Jahr 1751 wurde auf der Empore über dem Haupteingang eine Orgel mit 40 Registern von Nicolas Dupont installiert, welche aber leider beim Brand des Gebäudes am 20. Juni 1940 zerstört wurde.
Die heutige Orgel in neoklassischem Stil wurde 1963 von Curt Schwenkedel erbaut und 2002 von Jean-Baptiste Gaupillat renoviert. Das Instrument hat 64 Register (ca. 4.800 Pfeifen) auf vier Manualen und Pedal. Die Spieltrakturen sind mechanisch, die Registertrakturen elektrisch.
An einigen Pfeilern sind Fresken aus den 14. bis 16. Jahrhundert erhalten.